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Samstag, 24. November 2018

Mit DSGVO an journalistische Quellen kommen

Rumänien: 20 Millionen Euro Strafe angedroht
Redaktion: Reporter ohne Grenzen
PRESSEMITTEILUNG
Berlin/gc. Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die rumänische Datenschutzbehörde auf, den journalistischen Quellenschutz zu achten und die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht dafür zu missbrauchen, an die Informanten investigativer Journalisten zu gelangen.

Die investigative rumänische Nachrichtenseite RISE Project hatte am 9. November 2018 einen Brief der nationalen Datenschutzbehörde erhalten, in dem eine Geldstrafe in Höhe von 20 Millionen Euro angedroht wurde, sollte die Seite nicht die Quellen der in einer Reihe von Facebook-Artikeln (http://ogy.de/7616) verwendeten „personenbezogenen Daten“ und alle anderen zugrundeliegenden Informationen nennen. Die Behörde bezog sich dabei auf die seit dem 25. Mai 2018 geltende DSGVO (http://ogy.de/4t9n).

„Wir verurteilen diesen Missbrauch der DSGVO. Die rumänischen Behörden versuchen damit ihre Einschüchterungsversuche gegenüber investigativen Journalisten zu rechtfertigen“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die DSGVO soll den Europäern mehr Kontrolle über ihre persönlichen Daten geben. Ganz sicher ist sie nicht dafür gedacht, Journalisten davon abzuhalten, Informationen von öffentlichem Interesse zu verbreiten.“

Die fraglichen Artikel hatte das RISE Project gemeinsam mit der bulgarischen investigativen Webseite Bivol (http://ogy.de/t1kj) veröffentlicht. In ihnen geht es um die angebliche Unterschlagung von EU-Mitteln in Höhe von 21 Millionen Euro. In den Skandal sollen hochrangige rumänische Politiker verwickelt sein, darunter Liviu Dragnea, Vorsitzender der regierenden Sozialdemokratischen Partei (PSD), sowie die Tel Drum SA, ein Bauunternehmen, das bereits in einen anderen großen Korruptionsfall verwickelt ist. Letzterer war das Thema der letzten Sendung (http://ogy.de/f22y) der bulgarischen Journalistin Viktoria Marinova, bevor sie am 6. Oktober 2018 ermordet wurde.

Erstaunlich am Eingreifen der rumänischen Datenschutzbehörde ist die Schnelligkeit, mit der sie in diesem Fall handelte - sechs Tage nach der Facebook-Veröffentlichung erhielt die Redaktion den Brief. Normalerweise reagiert die Behörde laut Rechercheverbund Organised Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) erst nach Monaten auf Beschwerden von Bürgern.

EU-KOMMISSION:
RUMÄNIEN MUSS DSGVO-AUSNAHMEN FÜR MEDIEN REGELN

EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas betonte am Montag, 12. November 2018, dass Rumänien Ausnahmen von der DSGVO für die Medien zwingend gesetzlich regeln müsse: „Es ist von größter Wichtigkeit, dass die rumänischen Behörden diese Verpflichtung in nationales Recht umsetzen und Ausnahmeregelungen zum Schutz journalistischer Quellen schaffen, insbesondere vor dem Zugriff der Datenschutzbehörde“ (http://ogy.de/hrs4). Dass Rumänien dies umsetzt, ist umso wichtiger, als das Land am 1. Januar 2019 den EU-Ratsvorsitz übernimmt.

Seit Rumänien und Bulgarien im Jahr 2017 der EU beitraten, stellt die EU-Kommission den beiden Ländern jährlich Prüfberichte zur Rechtsstaatlichkeit aus. In ihrem jüngsten Bericht zu Rumänien, der am Dienstag, 13. November 2018, erschien, forderte die Kommission das Land erneut auf, die Korruption im Land zu bekämpfen (http://ogy.de/k0vr).

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Rumänien auf Platz 44 von 180 Ländern. Mehr zur Lage der Pressefreiheit in Rumänien: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rumaenien

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