Thüringen beschließt transparentere Gesetzgebung
Redaktion: Transparency Deutschland
PRESSEMITTEILUNG
Berlin/gc. Der Thüringer Landtag hat am 30. Januar 2019 als erstes Parlament in Deutschland einen legislativen Fußabdruck beschlossen, also die Offenlegung von Einflussnahmen auf die Gesetzgebung. Im Zuge der sogenannten „Beteiligtentransparenzdokumentation” soll für die Öffentlichkeit nachvollziehbar werden, welche Personen und Organisationen im Hintergrund an der Erarbeitung von konkreten Gesetzen beteiligt waren.
Transparency Deutschland begrüßt diesen Schritt ausdrücklich: „Der Thüringer Landtag setzt mit dem legislativen Fußabdruck ein wichtiges Signal, das den Bund und die anderen Bundesländer aufhorchen lassen sollte“, so Norman Loeckel, stellvertretender Leiter der Arbeitsgruppe Politik bei Transparency Deutschland. Die Bundesregierung hat zwar im November 2018 beschlossen, die Stellungnahmen von Verbänden aus der offiziellen Verbändebeteiligung zu veröffentlichten. Dieses Vorhaben bleibt allerdings weit hinter der jetzt in Thüringen verabschiedeten Regelung zurück.
Das neue Gesetz in Thüringen sorgt dafür, dass viele Eingaben verpflichtend offengelegt werden müssen, nicht nur die Stellungnahmen im Rahmen der offiziellen Verbändeanhörung in Ministerien und Landtag. „Interessant ist, dass auch schriftliche Einflussnahmen, die außerhalb des offiziellen Konsultationsprozesses gemacht werden, veröffentlicht werden müssen. Das beinhaltet zum Beispiel E-Mails oder Positionspapiere, die im persönlichen Gespräch den Abgeordneten oder den Staatssekretärinnen und Staatssekretären überreicht werden“, so Norman Loeckel.
Kritik: Veröffentlichung der Beiträge hängt von Zustimmung der Lobbyisten ab
Aber es gibt nach wie vor auch Kritikpunkte. Interessenvertreter müssen der Veröffentlichung der Eingaben und ihrer Daten zustimmen. Liegt keine Zustimmung vor, werden zwar verpflichtende Mindestinformationen über die Interessenvertreter veröffentlicht, jedoch nicht deren Beiträge. Dazu Hartmut Bäumer, stellvertretender Vorsitzender von Transparency Deutschland: „Hier droht die Regelung ins Leere zu laufen. Auch wird mit der neuen Regelung nicht klar, wie stark einzelne Interessen berücksichtigt wurden und warum bestimmte Interessen gegenüber anderen überwiegen. Damit entfaltet der legislative Fußabdruck in Thüringen leider weniger Aussagekraft als erhofft.“
Hintergrund:
Auf EU-Ebene wie auch in vielen EU-Mitgliedsstaaten existieren mittlerweile Regelungen zur Offenlegung von Lobbyismus. Deutschland hinkt hier hinterher. Transparency Deutschland setzt sich daher für die Einführung eines Gesetzes zur transparenten Interessenvertretung auf Bundesebene ein, das ein verpflichtendes Lobbyregister, einen Verhaltenskodex für Interessenvertreter, einen legislativen Fußabdruck sowie die Einführung eines bzw. einer Lobbybeauftragten enthält.
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