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Montag, 16. November 2020

Wald in der Glasschmelze

Hagenower Museum im zweiten Lockdown
von Heiko Wruck
BERICHT

Hagenow/gc.
Als das heutige Mecklenburg-Vorpommern noch stark bewaldet war zog es die hessischen Glasbläserfamilien an wie die Motten das Licht. Sie hatten es auf die großen Buchenwälder abgesehen, deren Holz sie für das Glas verbrannten.

Vom frühen 17. bis ins 20. Jahrhundert wurde auch hier in Mecklenburg massenhaft Glas in handwerklicher Arbeit hergestellt. Erst das billige industrielle Pressglas leitete das Ende des als Waldglas berühmt gewordenen Produkts ein. Waren die Wälder abgeholzt und verbrannt, zogen die Glasbläserfamilien weiter. Mecklenburg-Vorpommerns heutige Landschaften sind zu einem großen Teil diesen verfeuerten Wäldern geschuldet. Die großen Buchenwälder sind schon lange verschwunden, mit ihnen auch die Glasbläser und das alte Handwerk. Geblieben ist ihr Erbe, das Waldglas.

Dies wird gegenwärtig in einer Ausstellung des Hagenower Museums gezeigt, wenn es nach dem zweiten Lockdown Ende November wieder seine Türen öffnet. Ein ebenfalls altes Handwerk, das heute fast vollständig verschwunden ist, ist das Schuhmacherhandwerk. Es lebt lediglich in einigen orthopädischen Nischen und im Hochpreissegment der Maßanfertigungen fort. Dabei waren allein in Hagenow bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts circa 150 Schuhmacher mit ihren Familien ansässig. Auch dem Schuhmacherhandwerk ist eine Ausstellung gewidmet.

Das zurückliegende Jahr war nicht einfach, resümiert Thomas Kühn,  Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Museum für Alltagskultur der Griesen Gegend und Alte Synagoge Hagenow: „Im Januar und Februar (2020) hatten wir den Konzertbetrieb aufgenommen und den II. Bauabschnitt im Blick. Dann kam im März Corona: keine Veranstaltungen mehr, und das Haus wurde geschlossen. Ab Sommer konnten wir dann wieder mit Einschränkungen öffnen, der II. Bauabschnitt wurde eröffnet. Vom Sommer bis Ende Oktober hatten wir viele Besucher aus allen Bundesländern. Die Inlandstouristen wären sonst wohl im Ausland unterwegs gewesen. So konnten wir vom Inlandstourismus ein wenig profitieren. Nun haben wir einen zweiten Lockdown. Bis zum Ende dieses Jahres sind alle Konzerte abgesagt. Wir fahren auf Sicht, denn die Gesundheit unserer Besucher und Mitarbeiter geht natürlich vor. Corona verändert nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Kulturlandschaft. Für uns bedeutet es, dass auch wir als Museum prüfen, welche digitalen Angebote es geben kann, um den Menschen Geschichte, Handwerk, Kunst und Kultur auch bei geschlossenen Türen präsentieren zu können.“

Bildunterschrift:
Thomas Kühn: Waldglas heißt es nicht wegen seiner grünen Farbe. Dieses Glas gibt es in vielen Farben. Waldglas heißt es, weil für seine Herstellung ganze Wälder verfeuert wurden. Foto: Heiko Wruck

Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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