Gefährdungsbeurteilung für Schüler und in der Jugendhilfe
Redaktion: Arbeitssicherheit.digital
RATGEBER
Braunschweig/gc. Kinderarbeit ist in Deutschland verboten. Trotzdem können auch Minderjährige in Unternehmen, Behörden und öffentlichen Einrichtungen zeitweise oder regelmäßig arbeiten. Zum Beispiel als Aushilfen, Praktikanten oder auch als Auszubildende. Wenn Minderjährige jedoch in Arbeitsprozesse eingebunden werden, dann gelten für sie besondere gesetzliche Vorschriften und Bestimmungen.
Dieser Beitrag behandelt die folgenden Punkte:
1. Arbeitsschutz für Minderjährige
2. Arbeitsschutz für Azubis,
3. Das Jugendarbeitsschutzgesetz
4. Arbeitsrechte für Jugendliche,
5. Gefährdungsbeurteilung für Schüler,
6. Gefährdungsbeurteilung in der Jugendhilfe
7. Jugendschutz am Arbeitsplatz
Arbeitsschutz für Minderjährige
Ein junger Mensch muss mindestens 13 Jahre alt sein, um selbst arbeiten zu dürfen. Das schreibt das Jugendarbeitsschutzgesetz (JuArbSchG) vor. Erlaubt sind leichte Tätigkeiten wie Nachhilfestunden geben, Hunde ausführen oder Zeitungen beziehungsweise Werbeprospekte austragen. Ein 450-Euro-Job geht da aber noch nicht. Denn 13-Jährige dürfen lediglich zwei Stunden pro Tag am Stück arbeiten, in der Landwirtschaft sind es drei Stunden. Allerdings gilt dies erst nach der Schule und nicht nach 18 Uhr. In jedem Fall bedarf die Arbeitstätigkeit der Zustimmung der Eltern. Wer jünger als 13 Jahre alt ist, darf nicht arbeiten. Wer 15 Jahre alt ist, darf bis zu vier Wochen lang bis zu maximal 40 Stunden pro Woche arbeiten. Das gilt zum Beispiel für Ferienjobs. Hier darf vier Wochen am Stück oder 20 Tage über das ganze Jahr verteilt gearbeitet werden. Darüber hinaus dürfen 15-Jährige oder ältere Jugendliche auch in Betrieben arbeiten, um sich ein Taschengeld zu verdienen: zum Beispiel in Konditoreien, bei Floristen, in Cafès und so weiter. Wer 17 Jahre alt ist, darf höchstens vierzig Stunden pro Woche arbeiten. Erst wer 18 Jahre alt oder älter ist, darf Nacht- und Akkordarbeit leisten.
Doch auch bei der Beschäftigung Minderjähriger gibt es natürlich Ausnahmen und Sonderregelungen. So ist es Kindern unter 13 Jahren ebenfalls möglich zu arbeiten: zum Beispiel im Film, im Hörfunk, im Theater oder als Model.
Für Kinder, die älter als drei Jahre sind, gelten zusätzlich folgende Voraussetzungen:
Der Arbeitgeber, der ein Kind beschäftigen möchte, muss dies vorher bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beantragen. Wer in welchem Bundesland die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde ist, ergibt sich nach § 51 Abs. 1 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) aus den jeweils gültigen Landesbestimmungen. In den meisten Fällen ist dies das Gewerbeaufsichtsamt oder auch das entsprechende Arbeitsschutzamt.
Arbeitsschutz für Azubis
Azubis steht wie jedem anderen Mitarbeiter auch der betriebliche Gesundheits- und Arbeitsschutz zu. Das bedeutet, auch Auszubildenden muss der Arbeitgeber eine der Arbeitstätigkeit entsprechend wirksame persönliche Schutzausrüstung kostenlos zur Verfügung stellen. Außerdem sind jugendliche Azubis in Sachen Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit mindestens halbjährlich zu unterweisen. Sind Auszubildende unter 16 Jahre alt, haben sie einen Urlaubsanspruch auf 30 Werktage pro Jahr. Wer unter 17 ist, bekommt mindestens 27 Tage Urlaub pro Jahr. 25 Urlaubstage bekommen Azubis, die unter 18 Jahre alt sind. Arbeitgeber sind verpflichtet, diesen Urlaub in den Berufsschulferien zu gewähren. Auszubildende von über 18 Jahren bekommen mindestens 24 Werktage bezahlten Urlaub pro Jahr. Hier greift das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Da Auszubildende oft noch nicht volljährig sind, dürfen sie nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz, von Ausnahmen abgesehen, nicht mehr als acht Stunden pro Tag und nicht länger als 40 Stunden pro Woche arbeiten. Ebenso ist es verboten, Auszubildende zwischen 20 Uhr und 6 Uhr arbeiten zu lassen oder an Samstagen, Sonntagen und an gesetzlichen Feiertagen. Es gibt aber auch branchenbezogene Ausnahmen, die von dieser Vorschrift abweichen. Für Azubis, die älter als 18 Jahre sind, gilt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) – wie für alle anderen erwachsenen Beschäftigten auch.
Das Jugendarbeitsschutzgesetz
Das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) ist ein Bundesgesetz im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland. Es gehört zum Arbeitsrecht. Im Jugendarbeitsschutzgesetz werden Arbeitsmindestalter, Arbeitszeiten, Pausenzeiten, Urlaubsansprüche sowie Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit geregelt. Dort finden sich auch Vorschriften zu Mehrarbeit, Akkord- und Nachtarbeit, Ausnahmeregelungen und zu Arbeitsverboten. Das Jugendarbeitsschutzgesetz hat in Deutschland eine lange Geschichte. Als erster deutscher Staat verbot Preußen am 9. März 1839 im sogenannten „Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken“ die Fabrikarbeit von Kindern von unter 9 Jahren. Außerdem wurde die Arbeitszeit Jugendlicher unter 16 Jahre auf 10 Stunden pro Tag begrenzt.
Arbeitsrechte für Jugendliche
Auszubildende (Azubis) sind in der Mehrzahl Minderjährige. Abgesehen von der Minderjährigkeit haben Auszubildende zusätzlich besondere Rechte. Die Grundlagen dafür finden sich im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) sowie im Berufsbildungsgesetz (BBiG). § 17 Berufsbildungsgesetz (BBiG) regelt den Vergütungsanspruch und die Mindestvergütung für Auszubildende. Danach haben sie eine angemessene Vergütung zu erhalten, die mit fortschreitender Berufsausbildung mindestens jährlich ansteigt. Auszubildende haben jedoch kein Recht auf Mindestlohn. Für die Angemessenheit der Vergütung gibt es allerdings Mindestvergütungen, die nicht unterschritten werden dürfen. Wichtig für Arbeitgeber ist es zu beachten, dass Auszubildende für die Berufsschule und alle damit verbundenen Veranstaltungen freizustellen sind. In der Regel wird ein Ausbildungsverhältnis nach zwei oder drei Jahren mit dem Bestehen der Abschlussprüfung beendet. Es kann auch sein, dass das Ausbildungsverhältnis auch vor Ablauf der eigentlichen Ausbildungszeit beendet wird, wenn die Abschlussprüfung vorgezogen und bestanden wird. Wird die Abschlussprüfung jedoch nicht bestanden, so haben Azubis das ausdrückliche Recht, bis zur nächsten möglichen Wiederholungsprüfung ihre Ausbildungszeit zu verlängern. Die Verlängerungszeit beträgt höchstens jedoch ein Jahr. Ein Ausbildungsverhältnis beginnt im Regelfall am 1. August oder am 1. September. Ab Beginn des Ausbildungsverhältnisses beginnt auch eine Probezeit nach §20 BBiG. Diese Probezeit kann mindestens einen Monat und höchstens vier betragen. Sowohl Arbeitgeber als auch Auszubildende haben gleichermaßen das Recht, das Ausbildungsverhältnis zu kündigen. Ist die Probezeit beendet, gilt für beide Seiten eine Kündigungsfrist von vier Wochen.
Gefährdungsbeurteilung für Schüler
Die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung für Schüler betrifft im Regelfall die Schule. Damit liegt der Zuständigkeitsbereich beim sogenannten Schulsachkostenträger. Die Gefährdungsbeurteilung für Schüler ist in der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (DGUV-Vorschrift 1) niedergelegt. Diese Vorschrift gilt nicht allein für die Mitarbeiter der Verwaltung einer Schule, sondern ausdrücklich auch dem Schutz von Versicherten, die keine Beschäftigten sind: also auch für Schüler und für Ehrenamtliche der Schule. Im Besonderen sind die Schulleiter dafür verantwortlich, dass sowohl für die für die Arbeitsplätze der Lehrer als auch den inneren Schulbereich eine Gefährdungsbeurteilung erstellt wird. Diese Gefährdungsbeurteilungen müssen auch Maßnahmen beinhalten, die den Unterricht und alle sonstigen schulischen Veranstaltungen abdecken. Oft ist im schulischen Alltag keine klare Trennschärfe zwischen den einzelnen Abläufen möglich. Deswegen muss eine Gefährdungsbeurteilung entsprechend ausgeweitet werden, um die Versicherten sowie Dritte auch außerhalb der Schule vor Schäden zu schützen. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sind Schulträger verpflichtet, den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard nach den §§ 5 und 6 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) in die bereits bestehenden Gefährdungsbeurteilungen zu integrieren. Außerdem sind die Maßnahmen des Arbeitsschutzes zusätzlich mit Maßnahmen des schulischen Infektionsschutzes zu aktualisieren. Dabei sind die schulischen Gegebenheiten vor Ort entscheidend. In dieser Gefährdungsbeurteilung sind ebenfalls psychische Belastung zu beachten, die durch die epidemische Lage verursacht sind. Wechselwirkungen und Zielkonflikte sind hierbei im Hinblick auf andere Arbeitsschutzmaßnahmen ebenfalls zu berücksichtigen. Den verhaltensbezogenen Maßnahmen, die ein unmittelbares Mitwirken alle Beteiligten in und außerhalb der Schule erfordern, ist besonderes Augenmerk zu widmen. Dazu gehören zum Beispiel Maßnahmen im Rahmen von Hygieneplänen. Nach dem Infektionsschutzgesetz sind Schulen verpflichtet, Hygienepläne zu erarbeiten. Musterhygienepläne für Schulen, die den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden können, werden teilweise auch von den Kommunen oder von den Bundesländern angeboten. Um eine Gefährdungsbeurteilung zum Thema Infektionsschutz zu erstellen, ist es zweckmäßig, eine schulinterne Arbeitsgruppe aufzustellen, bestehend aus: Lehrer- oder Betriebsrat, Schulleitung, Sicherheitsbeauftragten, Schülervertretung, Elternvertretung, Schwerbehindertenvertretung, Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit (FaSi) und Schulpsychologen.
Gefährdungsbeurteilung in der Jugendhilfe
Besondere Anforderungen stellt die Gefährdungsbeurteilung in der Kinder- und Jugendhilfe. Hier müssen Aggression und Gewalt gegenüber Beschäftigten und Schutzbefohlenen sowie Opfern besondere Beachtung finden. Verbale und körperliche Übergriffe kommen fast in allen Bereichen des Gesundheits- und Sozialwesens vor. Für Angehörige der Psychiatrie, eines Rettungsdienstes, der Krankenhausakutversorgung, in der Kinder- und Jugendhilfe oder auch in der Flüchtlingshilfe ist dies Alltag. Diese Übergriffe können sowohl von Patienten, Schutzbefohlenen, Opfern, Betreuern, Beobachtern oder Verwandten ausgehen. Anzügliche Bemerkungen, Beleidigungen, Verdächtigungen sowie sexuelle Belästigungen und körperliche Attacken bilden die Bandbreite dieser Übergriffe ab. In solchen außergewöhnlichen sozialen Konfliktsituationen greifen sie üblichen Strategien nur bedingt. Trotz dessen, dass übergriffige Menschen oft nur eingeschränkt urteilsfähig sind, müssen solche Aggressionen nicht uneingeschränkt hingenommen werden. Auch Angehörige von Rettungs-, Betreuungs- und Schutzberufen haben ein gesetzlich verbrieftes Recht auf gesunde und sichere Arbeitsbedingungen. Auch hier sind nach dem Arbeitsschutzgesetz die Arbeitgeber ausdrücklich verpflichtet, die Arbeit und die Arbeitsverhältnisse so einzurichten, dass eine Gefährdung der Gesundheit und des Lebens der Beschäftigten nach Möglichkeit ausgeschlossen und die Restrisiken sowie Belastungen möglichst gering gehalten werden. Die Arbeitsgrundlage dafür sind die DGUV-Vorschrift 1 sowie die §§ 4 und 5 des Arbeitsschutzgesetzes. Im Dokumentationsteil der Gefährdungsbeurteilung sind auch die Gefährdungen durch traumatische Erlebnisse wie Gewaltübergriffe zu erfassen. Zielführend ist hierbei die Einrichtung eines Aggressions- und Deeskalationsmanagements. Hier können Richtlinien für Notfälle, für die Nachsorge sowie für die weitere Betreuung betroffener Mitarbeiter festgelegt beziehungsweise auch entwickelt werden.
Jugendschutz am Arbeitsplatz
Das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) regelt den Jugendarbeitsschutz in Deutschland. 1976 wurde dafür das „Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend“ in der Bundesrepublik in Kraft gesetzt. Mit dem JArbSchG sollten unerfahrene Jugendliche vor den Überforderungen in der Arbeitswelt, aber auch vor der ungerechtfertigten Ausnutzung ihrer Arbeitskraft geschützt werden. Das Jugendarbeitsschutzgesetz regelt die Rechte und Pflichten Heranwachsender im Arbeits-, Ausbildungs- oder Praktikumsverhältnis.
Der Jugendschutz am Arbeitsplatz schreibt zum Beispiel in besonderen Fällen Beschäftigungsverbote für Arbeiten vor:
1. bei sittlichen Gefährdungen
2. bei außergewöhnlicher Hitze
3. bei außergewöhnlicher Kälte
4. bei starker Nässe
5. bei Lärm
6. bei Erschütterungen
7. bei Strahlung
8. bei Gefahrstoffen im Sinne der Gefahrstoffverordnung
9. bei biologischen Arbeitsstoffen im Sinne der Biostoffverordnung
10. bei Akkordarbeit
11. bei physischer Überforderung
12. bei psychischer Überforderung
13. bei Unfallgefahren, die wegen mangelnder
Erfahrung oder fehlenden Sicherheitsbewusstseins
nicht erkennbar sind
Außerdem müssen sich Jugendliche nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz bis 14 Monate vor Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses erstmals ärztlich untersuchen lassen. Diese Untersuchungen können vom Haus- oder Kinderarzt durchgeführt werden. Sie können aber auch vom Betriebsarzt im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge vorgenommen werden. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine Eignungsuntersuchung. Dem Jugendlichen sollen lediglich mögliche individuelle Risiken erläutert werden und wie sie/er sich vorbeugend verhalten kann. Ohne Vorlage einer schriftlichen Jugendarbeitsschutz-Bescheinigung darf kein Arbeitgeber in Deutschland einen Jugendlichen beschäftigten. Eine Nachuntersuchung hat nach 9 bis 12 Monaten nach der Erstuntersuchung zu erfolgen. Wenn diese ärztliche Bescheinigung dem Arbeitgeber nicht bis spätestens 14 Monate nach der Erstuntersuchung vorliegt, darf er diesen Jugendlichen nicht mehr beschäftigen. Ab dem 18. Geburtstag entfällt die routinemäßige Nachuntersuchung.
Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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