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Mittwoch, 30. Juni 2021

Ein blaues Auge

Gewalt am Arbeitsplatz
von Heiko Wruck
BERICHT
Lassahn/gc. Gewalterfahrungen am Arbeitsplatz machen nicht nur Bankangestellte und Verkaufskräfte in Tankstellen und Geschäften, wenn diese überfallen werden. Gewalterfahrungen im Beruf machen auch Polizeibeamte und Soldaten, Rettungs- und Pflegekräfte, Krankenschwestern, Ärzte und Sozialarbeiter.

Doch das Spektrum der während der Arbeit mit Gewalthandlungen konfrontierten Beschäftigten reicht noch viel weiter. Wo Menschen gemeinsam arbeiten, da kommt es auch zu Konflikten. Werden sie im Betrieb bedroht, erpresst, gedemütigt oder beleidigt oder schließlich sogar tätlich angegriffen, dann sprechen Experten in solchen Fällen von „Gewalt am Arbeitsplatz“. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft nimmt diese Form der meldepflichtigen Arbeitsunfälle zu.

„Von den insgesamt rund 870.000 meldepflichtigen Arbeitsunfällen im Jahr 2019 gingen mehr als 16.000 auf Gewalt am Arbeitsplatz zurück“, teilt der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (idw) mit. Von den 16.000 Gewalttätigkeiten am Arbeitsplatz gingen demnach 10.164 Vorfälle von Betriebsfremden aus. Betriebsangehörige wurden in 2.874 Fällen übergriffig. Die restlichen 2.962 Sachverhalte sind nicht näher adressiert. Kommt es zu Handgreiflichkeiten, so sind häufig Verstauchungen, Prellungen und oberflächliche Hautverletzungen die Folgen.

Insgesamt ist die Anzahl der Arbeitsunfälle seit Jahren rückläufig. 1991 gab es deutschlandweit noch 1,8 Millionen Arbeitsunfälle. 2019 waren es nur noch rund 870.000. Allerdings nahm die Anzahl der Gewaltunfälle an Arbeitsplätzen in den letzten Jahren zu. „Allein zwischen 2017 und 2019 steigerte sich die Zahl der gewalttätigen Vorfälle am Arbeitsplatz um 13 Prozent“, stellt das idw fest. Dabei entfallen mit 36 Prozent die meisten Gewaltunfälle am Arbeitsplatz auf die gewerblichen Wach- und Sicherheitsdienste. 16 Prozent der meldepflichtigen Übergriffe am Arbeitsplatz passieren in Pflege- und Altenheimen. Mit 57 Prozent sind die psychiatrischen Krankenhäuser des öffentlichen Dienstes besonders häufig betroffen.

Insgesamt ist die Anzahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle seit vielen Jahren rückläufig. Allein für 2019 beziffert das idw die Entschädigungsleistungen für alle Arbeits- und Wegeunfälle auf 11,1 Milliarden Euro. Hinzu kommen weitere 4,9 Milliarden Euro für Heilbehandlungen und 5,8 Milliarden für Unfallrenten. Die in den Unternehmen dadurch entstandenen Fehlzeiten sind in diesen Rechnungen noch nicht inbegriffen.

Ein aktives Bedrohungsmanagement für den Schutz von Beschäftigten gehört deswegen in den Werkzeugkasten eines jeden Personalverantwortlichen. Gewalt am Arbeitsplatz ist keine Seltenheit. Beleidigungen, Bedrohungen, Handgreiflichkeiten, psychische oder sexualisierte Gewalt bleiben oft von Dritten unbemerkt. Die Bitte um eine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz, häufige Krankmeldungen oder Traumatisierungen können Indizien für Gewalterlebnisse während der Arbeit sein.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig zu erwähnen, dass neben der etablierten Gefährdungsbeurteilung von Arbeitgebern auch eine psychologische Gefährdungsbeurteilung zu erstellen ist.

Kontakt:
Heiko.Wruck@t-online.de
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