Elektrische Energie: Währung der Zukunft
Redaktion: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
PRESSEMITTEILUNG
Osnabrück/gc. Für Pionierarbeit in der Elektromobilität und der Energiewirtschaft erhält Diplom-Ingenieur Thomas Speidel (57) aus Baden-Württemberg den diesjährigen Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Der Gründer und Geschäftsführer von ads-tec Energy in Nürtingen bei Stuttgart bekommt die Auszeichnung für die Transformation des Familienbetriebs und die Entwicklung von batteriegepufferten Energiesystemen, die unter anderem das Schnellladen von E-Fahrzeugen nach dem WC-Spülkasten-Prinzip binnen Minuten statt Stunden ermöglichen, für Netzstabilität sorgen und durch zusätzliche Geschäftsmodelle effiziente Ressourcennutzung bedeuten. Die DBU vergibt den Preis in Höhe von insgesamt 500.000 Euro jedes Jahr für herausragende Leistungen im Umwelt-, Klima-, Arten- und Ressourcenschutz. Er zählt europaweit zu den höchstdotierten Umwelt-Auszeichnungen. Speidel teilt sich das Preisgeld mit Moorforscherin Dr. Franziska Tanneberger (46). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreicht beiden Persönlichkeiten den Deutschen Umweltpreis am 27. Oktober 2024 in Mainz.
DBU-Generalsekretär Bonde:
Auszeichnung für strategischen Weitblick
und unternehmerische Risikobereitschaft
„Thomas Speidel erhält die Auszeichnung der DBU für strategischen Weitblick und die dafür notwendige unternehmerische Risikobereitschaft“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Denn er hat als Geschäftsführer das mittlerweile an der Börse gelistete Unternehmen ads-tec Energy gegründet, an neue Herausforderungen angepasst und wichtige Innovationen entwickelt, um Elektromobilität und Klimaschutz im Verkehr voranzubringen.“ Die Herausforderung: Laut Bundesregierung sollen zum Erreichen der Klimaziele im Verkehrssektor bis 2030 rund 15 Millionen E-Fahrzeuge bundesweit zugelassen sein – mehr als das Zehnfache im Vergleich zu 2023. Eine Voraussetzung für dieses Ziel ist der Aufbau einer leistungsstarken Schnellladesäulen-Infrastruktur – mit Tempo, flächendeckend und unabhängig vom eigentlich dringenden Netzausbau. Denn bis 2030 sollen bundesweit eine Million solcher öffentlichen Ladepunkte installiert sein – auch das eine Verzehnfachung. Bonde: „Für mehr Elektromobilität, Klimaschutz und eine umfassende Energiewende sind Innovationen wie von ads-tec Energy sprichwörtlich echte Wegbereiter.“
Anfänge von ads-tec Energy
in einer Garage in Ostfildern-Ruit bei Stuttgart
Speidel habe „mit Weitsicht und Wagemut die Transformation des eigenen Betriebs in die Tat umgesetzt und ihn zukunftsfest gemacht – von einer Zulieferfirma für Verbrennermotoren zu einem Innovationstreiber für Energiewende und Elektromobilität“, so Bonde. Alles begann 1980 in einer Garage in Ostfildern-Ruit im Großraum Stuttgart: Speidels Vater Hans-Hermann und dessen Partner Hermann Fritz starteten damals die Firma „Fritz Electronic“. Als Zulieferer vor allem für die Automobilhersteller der Region wurden Schaltschrankbau, innovative Steuerungstechnik und Datensysteme für die Fertigung zum Markenzeichen der Firma. Dann der erste Umbruch zwischen 2000 bis 2010:
„Die Automobilbauer als unsere Hauptkunden wollten nicht mehr einzelne Komponenten, sondern gleich die komplette Anlage – quasi wie ein schlüsselfertiges Haus“, erinnert sich Speidel, der damals die Geschäfte mit seinem Bruder Markus führte. Thomas Speidel stieg 1995 nach dem Studium ins Unternehmen ein, das dann bereits ads-tec hieß und heute kurz für „advanced system technology“ (fortschrittliche Systemtechnologie) steht. Etwa 2010 folgte schließlich „der richtig harte Cut“ (Speidel): der radikale Schnitt mit Kurswechsel zu einer grundlegenden Neuausrichtung: Das Familienunternehmen wird Holding, die „Datentechnik“ zur eigenständigen Tochterfirma „ads-tec Industrial IT“, und die „ads-tec Energy“ wird statt der Verbrennertechnik neu aus der Taufe gehoben. Aus der Vision intelligenter Energiesysteme entstand eine Innovation, die neben der Unternehmenstransformation nun mit dem Deutschen Umweltpreis der DBU gewürdigt wird: batteriegepufferte Superschnelllader, die selbst bei schwachem Netz nicht nur minutenschnell E-Fahrzeuge mit Strom betanken können – sondern auch auf anderen Feldern Erträge ermöglichen.
Neben dem Stromtanken zusätzliche Geschäftsmodelle
und damit effiziente Ressourcennutzung
Zwei Varianten der batteriegepufferten Schnelllader sind derzeit auf dem Markt: ChargeBox und ChargePost – mit üblicherweise zwei Ladepunkten für zwei E-Fahrzeuge und mit einem Platzbedarf von jeweils etwas mehr als einem Quadratmeter Grundfläche. Bei der ChargeBox sind die Ladesäulen separate Einheiten, beim ChargePost ist alles in einem System integriert. Der ChargePost ist von den Maßen mit einer mannshohen Telefonzelle vergleichbar. Beide Varianten sind – unabhängig von üblichen Ladeparks – flexibel und dezentral etwa an Straßenrändern, Firmengebäuden, in Wohngebieten oder urbanen Ballungsräumen installierbar. Speidel: „Unser Stromnetz muss weiter ausgebaut werden. Das wird aber nicht überall der Fall sein, ist nicht immer wirtschaftlich und sehr aufwendig. ChargeBox und ChargePost ermöglichen aber auch an bestehenden Stromanschlüssen das Schnellladen in Minuten.“
Der Kniff: Die batteriegepufferten Speichersysteme beziehen langsam den Strom aus dem bestehenden Netz, speichern diesen und wandeln den Wechselstrom aus dem Netz in Gleichstrom um, der mit einer Leistung von bis zu 320 Kilowatt zum Laden genutzt werden kann. Ein E-Fahrzeug kann zusätzlich zum bestehenden Netzbezug mit einem Schwall aus den Speicherreserven in Minuten strombetankt werden. Speidel: „Wie bei einem WC-Spülkasten, der sich langsam füllt und sich bei Nutzung ruckzuck leert.“ Weitere Optionen: Lokal erzeugte Solarenergie und günstige Energie bei zunehmendem Erzeugungsüberschuss aus dem Netz können zur späteren Nutzung gespeichert werden. Lastspitzen werden gekappt, 75 Zoll-Werbedisplays beim ChargePost generieren zusätzliche Einnahmen.
Speidel: Elektrische Energie ist die Währung der Zukunft
Diplom-Ingenieur Speidel, der sich in zwei mitgegründeten Stiftungen engagiert, Gründungsmitglied verschiedener Verbände, Partner von Forschungseinrichtungen im Bereich der Energiewende und seit 2016 Präsident des Bundesverbands für Energiespeichersysteme ist, will sich nicht allein mit E-Mobilität begnügen. Mehr als 60 Patentanmeldungen, unter anderem für Batterietechnik und Speicherlösungen, zeugen vom umtriebigen Forschergeist. Die weltweit mehr als 770 ChargeBoxen sowie die bundesweit rund 850 ChargePosts sollen mehr sein als Stromtankstationen – abgesehen davon, dass sie die Aussicht auf E-Mobilität überhaupt am Leben halten, weil der dafür notwendige zügige Netzausbau nicht nur sehr teuer, sondern schlicht so schnell nicht zu bewerkstelligen sein wird. Speidel: „Sektorenkopplung ist das Zauberwort. Elektrische Energie ist die Währung der Zukunft – für Gas, Licht, Mobilität, Wärme, Wasserstoff.“ Seine Hoffnung: Speichersysteme könnten dafür ein entscheidender Türöffner sein – bei zügigerer Genehmigung von Ladesäulen und weniger formaler Hürden bei der Sektorenkopplung.
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